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Libra – Das Zünglein an der Waage zugunsten von Big Tech

7. Juli 2019
Libra – Das Zünglein an der Waage zugunsten von Big Tech

Am 18. Juni 2019 präsentierte Facebook mit "Libra" das mit großer Spannung erwartete Kryptowährungsprojekt, das sich seit über einem Jahr in Entwicklung befindet. Libra wird als globale digitale Währung und Finanzinfrastruktur bezeichnet, die 1,7 Milliarden Erwachsenen den Zugang zu traditionelle Finanzdienstleistungen ermöglicht, welche ansonsten keinen Zugang zu einer traditionellen Bank haben – das Motto lautet "bank the unbanked". Dieser Artikel gibt einen Überblick über das Ökosystem von Libra und untersucht einige der ersten Reaktionen der Gesetzgeber in Europa und den Vereinigten Staaten auf dieses neue Projekt.

Was ist Libra?

Die Libra Währung (≋) ist als Stable Coin konzipiert, die vollständig durch eine Rücklage von risikoarmen Vermögenswerten gedeckt wird. Im Gegensatz zu anderen Stable Coins wie Tether, USD Coin oder Paxos Standard soll Libra nicht an eine einzige Währung "gebunden" werden, sondern der Preis wird durch den Wert der Vermögenswerte in der Rücklage bestimmt, die im Hinblick auf die Minimierung der Volatilität und die Aufrechterhaltung des Vertrauens in die Währung ausgewählt werden. Die Zinsen auf die Vermögenswerte in der Rücklage werden den Mitgliedern der Libra Association zufließen.

Das Libra-Ökosystem wird von der Libra Association verwaltet, einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in Genf, Schweiz. Diese Organisation wird aus den Validierungsknoten des Netzwerks bestehen, die sowohl über technische als auch über finanzielle Fragen abstimmen. Technische Entscheidungen umfassen z.B. die Aktivierung neuer Funktionen über Smart Contracts oder die Empfehlung, dass das Netzwerk einer harten Belastung ausgesetzt werden sollte. Auf der finanziellen Seite wird die Libra Association ähnliche Funktionen wie eine Zentralbank haben, wie beispielsweise die Fähigkeit, Libra zu erschaffen und zu zerstören. Die Libra Association wird für die Verwaltung der Vermögenswerte in der Rücklage verantwortlich sein.

Empfang der Regierung

Die Regulierungsbehörden in Europa und den USA reagierten generell skeptisch auf die Ankündigung von Facebook. Mike Carney, Gouverneur der "Bank of England", sagte, dass, Libra "sofort systemrelevant werden würde und den höchsten Standards der Regulierung unterliegen müsste", wenn sie erfolgreich wäre. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire äußerte sich besorgt darüber, dass Libra mit Fiat-Währungen konkurrieren oder diese ersetzen könnte, und erklärte, dass die Möglichkeit, dass Libra zu einer souveränen Währung wird, "nicht geschehen kann und darf". Darüber hinaus warnte Markus Ferber, ein deutscher Abgeordneter des Europäischen Parlaments, dass Facebook zu einer "Schattenbank" werden könnte. In ganz Europa gibt es auch allgemeine Bedenken, dass Libra Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vereinfachen könnte.

Die Ankündigung von Facebook wurde auch vom Gesetzgeber in den Vereinigten Staaten mit Vorsicht behandelt. Maxine Waters, die Vorsitzende des U.S. House Committee on Financial Services, bat Facebook, die Entwicklung des Projekts zu unterbrechen, bis die Regulierungsbehörden Gelegenheit hatten, die Probleme zu untersuchen und Maßnahmen zu ergreifen. Die US-Senatorin und demokratische Präsidentschaftskandidatin Elizabeth Warren kritisierte Facebook wegen "zu viel Macht" und argumentierte, dass es nicht die "Chance haben sollte, noch mehr Benutzerdaten abzurufen". Andere Mitglieder des Kongresses wie die Senatoren Mike Crapo und Sherrod Brown, der Vorsitzende und das Ranking-Mitglied des U.S. Senate Committee on Banking, Housing and Urban Affairs, haben ebenfalls ihre Besorgnis über das Projekt zum Ausdruck gebracht.

Fazit

Facebook wird in Europa und den Vereinigten Staaten auf Widerstand stoßen, um Libra zu einer der am häufigsten verwendeten Währungen der Welt zu machen. Das Libra-Projekt führt möglicherweise zu einer Verschiebung der monetären Macht von den Zentralbanken zu privaten Unternehmen, was Gesetzgeber weltweit bereits als systemrelevantes Risiko für das globale Finanzsystem identifiziert haben. Facebook ist nach wie vor mit Kritik im Umgang mit personenbezogenen Daten konfrontiert und sollte von Gesetzgebern einen repressiven Regulierungsansatz erwarten, die Libra als weiteren Eingriff in das Privatleben der Menschen empfinden könnten. Eine zentrale Frage, die sich Gesetzgeber werden stellen müssen, ist: Selbst, wenn Libra ein reales Weltproblem lösen würde, mit welchen Folgen ist zu rechnen?

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